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Köln, 14.02.2020

Ihr Artikel „Müttervertreterin über ARD-Drama - „Der Film schürt Ängste“ vom 12.02.2020

Sehr geehrte taz-Redaktion, sehr geehrte Frau Kutter,

als selbst von Eltern-Kind-Entfremdung betroffene Mutter und aktives Vorstandsmitglied im Verein „Väteraufbruch für Kinder Köln e.V.“ möchte ich die Aussagen in dem Interview nicht unkommentiert lassen.

Die Schicksale Alleinerziehender, welche Frau Möller schildert, kommen sicher vor und sind nur schwer zu ertragen. Trennungen mit Kind sind insgesamt eines der einschneidensten Erlebnisse überhaupt. Dennoch sind ihre Äußerungen im erheblichen Maß sachlich falsch und ganz sicher nicht mütter- oder kindeswohlorientiert. Denn, das im besprochenen Film sehr gut gezeigte Phänomen funktioniert auch andersrum, nämlich das Mütter der entfremdete Elternteil sind (auch wenn Väter weitaus am häufigsten betroffen sind). Auch eine andere Mutter ist im Film betroffen, nämlich die neue Partnerin des Vaters. In erster Linie ist es aber ein Thema des Kindeschutzes. Wohlgemerkt hier ist ein Mädchen betroffen, damit ist auch der Ausdruck „mysogyn“ hier völlig fehl am Platz.

Der preisgekrönte (?) Film „Weil Du mir gehörst“ zeigt leider sehr realitätsnah, welche „Tricks“ es gibt, wenn Eltern, die den anderen Elternteil vom Kind fernhalten wollen, dies sehr erfolgreich erreichen können. Dazu gehört, die vom Anwalt der Mutter empfohlene „Strategie der Hochstrittigkeit“, den Missbrauch des Gewaltschutzgesetzes und den „Missbrauch mit dem Missbrauch“ (bewusster Falschvorwurf des sexuellen Missbrauchs). Diese Bezeichnungen mögen bei manchem Abwehrreflexe auslösen, nicht nur bei Frau Möller, die versucht diesen Film „schuldig per Assoziation“ zu machen, indem sie sagt, dass dieser Film in „mysogynen Gruppen exzessiv geteilt wird“.

Fakt ist aber leider, dass das gezeigte Vorgehen rechtsanwaltliches Standardvorgehen ist, wenn das Ziel alleinige elterliche Sorge oder Umgangsausschluss sein soll. Fakt ist auch, und hier können wir vielleicht mit Frau Möller einer Meinung sein, dass die Familienrechtspraxis in Deutschland insgesamt massive Defizite hat (auch im Sinne der von Frau Möller genannten Beispiele). Man schaue sich nur die Ergebnisse der Anhörung im Rechtsausschuss vom 25.09.2019 zu einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/die Grünen an (https://www.bundestag.de/resource/blob/677388/b33d1d3691f6e4f9cdf7fadc98e21027/wortprotokoll-data.pdf) oder die Ergebnisse der Studie zur Qualität von Sachverständigengutachten beim Familiengericht der Fern-Universität Hagen (https://www.fernuni-hagen.de/psychologie/qpfg/pdf/Untersuchungsbericht1_FRPGutachten_1.pdf), oder Bücher wie das von Norbert Blüm: Einspruch! Wider die Willkür an deutschen Gerichten - Eine Polemik, 2014, 2. Aufl., Westend, Frankfurt.

Recht hat Frau Möller, wenn sie sagt, dass es ein „PAS“ nicht gibt. Es gibt einfach kein feststehendes Syndrom mit konkret definierbaren Symptomen, gerade weil die Dynamik bei Trennung mit Kind sehr vielschichtig ist. Sehr wohl aber gibt es Eltern-Kind-Entfremdung bei der ein Elternteil bewusst oder unbewusst das Kind gegen den anderen Elternteil beeinflusst. Das muss keineswegs heißen, dass dieser Elternteil bösartig oder krank ist. Die Perspektive der Entfremderin wird im Film sehr gut dargestellt: Ängste, das Kind an die „neue Familie“ des Ex zu verlieren, Wut auf den Ex-Partner wegen Problemen auf der Paarebene, Anheizen des Konfliktes durch Anwälte und persönliches Umfeld…

Entgegen der Auffassung von Frau Möller kommt die Vielschichtigkeit dieses Phänomens im Film ganz hervorragend „heraus“.

Im Film hat das Kind (und auch beide Eltern) das Glück an einen kompetenten Richter gelangt zu sein, der klare Ansagen macht und auch keinen Zweifel daran lässt, diese bei Bedarf mit Sanktionen durchzusetzen. Das ist leider alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

Fast schon lustig wird Frau Möller, wenn sie behauptet, dass Väterverbände international gut vernetzt wären und eine starke Lobby hätten. Ist Frau Möller wirklich der Meinung, dass diese Diskussion den betroffenen Kindern und Familien hilft? An dieser Stelle immer wieder nach Geschlechtern getrennt kontrovers zu diskutieren, halte ich für absolut nicht hilfreich für die Problematik und die Not der betroffenen Kinder!

Entfremdung von Kindern ist nicht geschlechtsspezifisch! Es gibt weibliche Entfremderinnen und männliche Entfremder. Man kann Entfremdung auch anders definieren, das Problem für das Kind ist es doch, dass die Mutter und der Vater ihm gegenüber gegenteilige Aussagen machen und es in der Not ist, über wahr oder nicht wahr zu entscheiden (bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen gibt es diese Problematik übrigens auch, da sind es dann die Mutter und die Mutter oder der Vater und der Vater).

Ich halte es für zu einfach, sich beim Thema Familienrecht mit den immer gleichen Argumenten gegen jede Anpassung an europäische Gepflogenheiten zu sträuben. Die Forderung zum Wechselmodell als Forderung zum Zwang zu bezeichnen, wie Frau Möller dies tut, ist absolut an den Tatsachen vorbei argumentiert.

Wir leben im 21. Jahrhundert und neben einer Industriegesellschaft 4.0 gibt es auch ein verändertes Rollenbild von Müttern und Vätern in Deutschland. Es wird Zeit, dass das endlich von allen bemerkt wird!

Mit freundlichen Grüßen

Väteraufbruch für Kinder Kreisverein Köln e.V.
Der Vorstand